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Über Sinn und Unsinn von Welpenspielgruppen

Ein Text meiner Kollegin Inga Hauser


Immer wieder erreichen mich Anfragen, ob ich Welpenspielstunden anbiete. Auf meine verneinende Antwort hin spüre ich förmlich die Enttäuschung der meisten Kunden - und das verstehe ich auch: da hat man sich so ein kleines süßes Wesen zugelegt und ist entschlossen, alles gut und richtig zu machen und dem neuen Freund die beste Erziehung, die man sich nur denken kann, zu bieten. Und da gehört nun mal die Welpenspielstunde dazu - der Kleine kommt mit Gleichaltrigen zusammen, spielt und tollt mit ihnen herum und lernt auch noch nebenbei die ersten Kommandos, spielerisch natürlich. Eine Art Kindergartenvorschule für Hunde also - wer das nicht macht, wird später einen unsozialen Leinenpöbler oder Angsthasenhund haben - so ist jedenfalls die gängige Meinung vieler. Nicht zuletzt wird ja auch etwas getan dafür, dass der Welpe so viele Umweltreize wie möglich kennenlernt - er soll ja später selbstsicher und gelassen durch die Welt gehen.

Und - Hand aufs Herz - ist es nicht einfach nur süß und lustig, so einer kleinen Rasselbande beim Toben zuzusehen?

 

Ich frage einmal andersherum: Muss wirklich jeder Welpe in einer Welpenspielstunde gewesen sein?

 

Fest steht, dass der Welpe Sozialverhalten nicht automatisch kann. Er hat die Anlagen dafür, aber er muss es lernen. Und das geschieht bei der Interaktion mit anderen Hunden. So weit, so gut.

 

Was aber passiert nun in einer Welpenspielgruppe?

 

Der Welpe kommt - im besten Fall - mit anderen Welpen zusammen, die seinem geistigen und körperlichen Entwicklungsstand entsprechen. Also mit Welpen, die auch erst lernen müssen, wie man sich im sozialen Miteinander benimmt.

 

Jetzt die gute Nachricht: Natürlich können die Kleinen im freien Spiel Regeln des Umgangs untereinander erlernen - nicht viel anders verläuft es ja auch im Wolfsrudel, wo die Welpen eines Wurfs miteinander die ersten sozialen Erfahrungen machen - selbstverständlich im Spiel.

 

Aber:

Mindestens genauso wichtig ist im Wolfsrudel die Sozialisation durch ältere Tiere!

Zuerst ist da natürlich die Wolfsmama, die die Kleinen schon mal ausbremst, wenn sie zu sehr nerven. Das gleiche tut aber Vater Wolf auch und in einem Rudel helfen die Jungtiere (der Wurf vom Vorjahr) in der Regel ebenfalls mit bei der Erziehung des Nachwuchses. Und diese Erziehung entspricht ja auch den Erfordernissen im realen Leben: das soziale Miteinander von Wölfen und Hunden sieht nicht ein Leben lang so aus, dass man es nur mit Gleichaltrigen zu tun hat! Im Gegenteil, der junge Hund soll ja lernen, mit Hunden jeden Alters, jeder Größe und Rasse gut auszukommen und da ist eine Unterweisung durch Erwachsene sicher nicht das Schlechteste.

Das reine Welpenspiel, wie viele es gerne sehen, ist also schon von sich aus nicht unbedingt geeignet, um das dem Hund beizubringen.

 

Es ist ein bisschen so, als würde man Vorschulkinder aufeinander loslassen nach dem Motto "jetzt spielt mal schön" und danach von ihnen erwarten, dass sie sich in einem Restaurant richtig benehmen können.

Die Sozialisation eines Welpen mit anderen Hunden erfolgt also am besten mit Hunden verschiedener Altersklassen und verschiedener Rassen.

Und dazu braucht es nicht unbedingt eine organisierte Welpenstunde - der Besuch beim Nachbarshund, ein kurzer Spaziergang auf einer Hundewiese, vielleicht das Kennenlernen eines Hundekumpels bei Bekannten reichen vollkommen aus, um den kleinen Hund an einen pfleglichen und freundlichen Umgang mit Artgenossen zu gewöhnen.

 

Weshalb man Welpenschulen bzw. Welpenspielstunden ebenfalls kritisch betrachten sollte:

 

Der "Hachgottsinddiesüüüüß-Faktor"...

 

bestimmt zwangsläufig beim Zuschauen von spielenden Welpen die Wahrnehmung des unerfahrenen Hundehalters - und er ist nicht zu unterschätzen! Oft wird darüber übersehen, dass die kleinen Hunde in Wirklichkeit in eine Stresssituation hineingebracht werden, die ihrer Entwicklung gar nicht förderlich ist... Ich rede von schlecht organisierten und gemanagten Welpenspielgruppen, von denen es leider nach wie vor nicht zu wenig gibt: Wenn zehn Welpen durcheinander laufen und sich ins Koma spielen und ein Trainer vor Ort ist und der davon überzeugt ist, dass die das alles schon unter sich ausmachen, kann man getrost wieder gehen.

 

Werden die Welpen mit Drill und Zwang zu Übungen gezwungen und es geht zu wie auf dem Exerzierplatz, sollte man das Gelände selbstverständlich ebenfalls verlassen.

 

Das Gleiche gilt, wenn das Alter der „Welpen“ von 8 Wochen bis zu einem Jahr reicht. Eine Welpenstunde hat nie Welpen, die älter als 16 – 20 Wochen sind. Dann handelt es sich um Junghunde und die haben in der Welpengruppe nichts verloren. In eine Kindergartengruppe steckt man ja auch keine hochpubertären Teenies, um ein verträgliches Miteinander zu erlernen ...

 

Fazit:

Auch ohne  Welpenspielgruppe kann ein  Welpe eine ganz normale Sozialisation mit Artgenossen erfahren. Wichtig ist, dass er Kontakt mit Artgenossen bekommt, aber das muss beileibe nicht das "Rundum-Wohlfühl-Hachgottsinddiesüüüüß" - Paket sein.


Inga Hauser

betreibt ihre Hundeschule im Raum Grafing, Wasserburg, Ebersberg und Haag.

 

http://www.hundeschule-ingahauser.de/


Inga ist zertifizierte Ullihundetrainerin und hat ihre Ausbildung bei animal-learn in Bernau absolviert.

Zusammen haben wir schon allerlei Schabernack getrieben und noch einigen vor!
Danke Inga, für diesen grandiosen Text! Er spricht mir sehr aus der Seele!

 

Hier der Link zum Originaltext   >>>KLICK<<<


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