Wild beim Wild im Wald
Pauli war sehr gschaffig und gründlich, hat mir ganz genau gezeigt, welcher Pfad kürzlich wohl begangen worden ist und welcher schon länger nicht mehr, er musste ganz lange an die Badestelle schauen und hat, wie immer, die ganze Zeit im Schweinewohnzimmer nicht gepinkelt oder andere Geschäfte erledigt. Also eine Menge zu tun. Und auch ein bissel „drüber“.
Pause habe ich dennoch keine gemacht … (mache ich übrigens NIE im wildschweinschwangeren Wald!!) – Warum? Nun ja – ich lege ja auch nicht auf der A9 meine Picknickdecke auf die Fahrbahn und fange an, meine Brotzeit auszupacken 😉 Will sagen: Zum einen ists mir echt nicht wohl dabei, mir zwischen zwei Wildschweinpfaden eine Pausenstelle einzurichten – zum andren geht’s dem Pauli genauso. Der zeigt mir den Vogel.
Durchs wilde Wohnzimmer gehen wir so zügig wie nötig und so so langsam und gründlich wie möglich.
Zwischendurch ein paar Kekse aus der Hand – und gut.
Haben wir das gröbste geschafft, wird Schnorrfußi gegangen und dann, außerhalb des „heißen Gebietes“, machen wir Pause. An unsrem Pausenplatz.
Und da ist mir wirklich zum ersten Mal in all den Jahren bewusst geworden, dass ich in wirklich wilden Gebieten, IMMER feste Pausenplätze an „sicheren“ Plätzen habe. Also an der A9 mindestens ein Rastplatz mit Kloäuserl und Bank und am allerbesten mit Möglichkeit, einen Kaffee zu kaufen.
Also intuitiv alles richtig gemacht.
Jetzt die Fragen, die mir so während Schnorrfußi, Pausemachen und auf der Heimfahrt in den Kopf gekommen sind…
Also … Nein. Und da bin ich nach heutigem Brainstorming ziemlich sicher! Wie könnte etwas, was der Hund seit Jahrtausenden tut, um zu überleben, schädlich stressend sein? Also in der Natur unterwegs sein. Nicht in Stadt, Restaurants, Kirmes und auf viel begangenen Waldwegen oder in Parks. Unterwegs in der Natur ohne „drumrum“. WIE könnte es? Wäre es schädlich stressend, würde irgendwann zum Adrenalin das Cortisol ausgeschüttet werden, bevor der Organismus kollabiert. So könnte ein Hund nie eine Jagd zuende führen, weil das Cortisol alles runterfährt. Adrenalin macht aufnahmefähig und sorgt dafür, dass einem nichts entgeht – und, dass man keine Schmerzen hat, wenn man zum Beispiel durch Gestrüpp jagt…
Stressig wird’s für den Hund erst, wenn der ausgiebige Waldspaziergang „On Top“ ist – zu all den Alltagsdingen und dem „Hundetraining“ – oder wenn ein Hund in SEINEM Wald all den SitzPlatzBleibWegdaRausdaNeinFußAufdenWegAus-Kokkolores machen muss/soll.
Wenn er ständig aus all den Dingen rausgerissen wird, die IHM wichtig sind. Also Fazit: Für einen ullierten Hund, ist ein intensiver Waldgang eher nicht ungut stressig!.
2. Was, wenns einfach nur „überstimuliert“ ist?
Und davon gehe ich ganz stark aus. Stress heisst ja nix andres, als dass es richtig ungut wird, wenn über einen längeren Zeitraum aus eigenem Zutun keine Entstressung stattfinden kann. Lernt ein Lebewesen hingegen, sich selber zu regulieren, steigt die persönliche Resilenz an. Und man traut sich mehr zu. Das heißt, es ist gut fürs Selbstbewusstsein und aus einer Situation kann Gutes mitgenommen werden.
3. Ist eine „Überstimulation“ in gewissen Situationen biologisch sinnvoll)
Ja natürlich. Sehr sogar. Gerade bei Jagd- und Hütehundrassen ist das genau das, was diese Hunde zu ihrer Leistung bringt. Alle Sinne geschärft, leicht „angestresst“ – also „stimuliert“, ist ein
Lebewesen viel aufnahmefähiger und auch schneller in der Reaktion.
Fazit: Stimulanz JA! Überstressung: NEIN! Und wir müssen lernen, das Eine vom Andren zu unterscheiden
(c) Sabine Wöhner, Oktober 2020