Ich finde es erstaunlich, wie hoch dieses Thema angesetzt wird.
- Es gibt z.B. Menschen, die „Belohnung“ mit „Bestechung“ gleichsetzen und behaupten, es sei angemessener und würdiger, der Hund tue Dinge seinem Menschen zuliebe
und nicht um der Belohnung willen.
- Es gibt auch nicht wenige, die penibel jedes Trockenfutterstück von der Tagesration Essen abziehen und dem Hund dann auch noch jedes Mal ein „Sitz“ abverlangen,
bevor es die Belohnung gibt.
So etwas finde ich schlichtweg anmaßend, unwürdig und gemein – und peinlich.
Aber es gibt auch erfreulich viele, die keine Mühe und Kosten scheuen, um dem Hundefreund wirklich nur die erlesensten und feinsten Kekse präsentieren zu können. Und natürlich ist es
mittlerweile kein Geheimnis mehr (oder sollte es keines mehr sein…), dass Trockenfutterbröckchen allein nicht immer die begehrteste Belohnung sind.
Eine regelrechte Wissenschaft hat sich da herausgebildet, und man kann Stunden damit verbringen, herauszufinden, was die tollste Belohnung für den Hund nun ist. Der Hund unterstützt seine
Menschen bei diesen Studien sicher sehr gerne!
Was aber immer gleichbleibt, ist die Hierarchie, das Abhängigkeitsverhältnis, das einfach daraus resultiert, dass wir Erwartungen an den Hund haben
und dieser die Erwartungen erfüllen soll und dafür belohnt wird. Also eben, wie oben gesagt: Hund erbringt eine Leistung, Mensch belohnt ihn.
Wie wäre es, wenn wir uns einmal davon lösen könnten?
Einfach, indem man es anders herum betrachtet?
Nämlich: der Hund erbringt keine „Leistung“, er soll keine Erwartungen erfüllen (die ja oft nicht mal die unseren sind, sondern die der anderen an einen Hund und seine Halter –
ein schier endloses Thema…), sondern ich lasse mich einfach mal darauf ein, was er mir alles an Freundschaftsangeboten und Bereitschaft zur Zusammenarbeit zeigt und gebe ihm Antworten darauf,
sodass ein echter Dialog entsteht.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser Dialog von Seiten der Hunde ständig angeboten wird und dass wir viel zu selten darauf schauen. Stattdessen machen wir „unser Ding“ beim Spaziergang und
der Hund hat auch unser Ding zu machen, nämlich neben uns her zu trotten und dann, wenn wir uns herablassen, auf ihn zu achten, soll er auch auf uns achten.
Nochmal: was für eine Anmaßung und Missachtung dessen, was die Hunde uns an Kommunikation anbieten!
Ich habe neulich Folgendes erlebt:
Meine Großnichte war bei uns zu Besuch, sie ist acht Jahre alt und ist mit einem Labrador aufgewachsen, der kein sehr schönes Leben hatte, denn er musste „funktionieren“.
Die Sophie hat nichts anderes kennengelernt, als dass ein Hund eben funktionieren muss und kommandiert dementsprechend Hunde herum.
Nun ist ihr Paul gestorben und sie hat sichtlich Sehnsucht danach, einen Hund zu streicheln, mit ihm zusammen zu sein, aber tut halt so mit ihm bzw. mit meinen Hunden, wie sie es gelernt hat.
Meine Lisi ist da unglaublich höflich und nett und entzieht sich beizeiten, der Pauli kann die Sophie schlichtweg nicht leiden, weil er großen Wert auf gutes Benehmen legt.
Nun versteht die Sophie natürlich schon, dass meine Hunde sich nicht alles gefallen lassen müssen und hat wirklich einiges dazu gelernt, aber sie hat natürlich auch Freude dran, mit den
Hunden was zu machen, und mein Pauli ist ja ein dankbarer Patron, wenn es um Tricks und Trallala geht – da hat er einfach einen riesen Spaß dran.
Wenn ich mit dem Pauli einen Trick mache, endet das allerdings meistens im lachenden Chaos, weil es eben um den Spaß geht und nicht um die Perfektion.
Ich hab mal dem Pauli das Fahren auf dem Skateboard beigebracht, und meistens scheitert es daran, dass er gleich wieder runterfällt, weil er ganz schnell hektisch wird vor lauter Eifer und
Keksigier
, aber das ist mir egal, weil es einfach nur lustig ist. Ich habe also für Sophie
den Pauli allerlei Tricks machen und ihn Skateboard fahren lassen – und er hat das noch nie so ernsthaft und konzentriert gemacht wie in dieser Situation und hat mich ganz ruhig dabei
angeschaut. Ich hab viel darüber nachdenken müssen, warum das so war.
Die
Ulli Reichmann, der ich das erzählt habe, hat es im Gespräch auf den Punkt gebracht:
„Dann hat er das aus Liebe zu dir gemacht“.
So, da könnte ich mir aber jetzt richtig toll vorkommen, oder? Weil witziger Weise genau das ja auch von vielen propagiert wird, die eben Leckerchengabe als Bestechung verpönen, weil der
Hund Dinge „von sich aus“ und „für sein (meistens
) Herrchen und nicht für die Leckerchen“ machen soll.
Tja, der Pauli hat das „von sich aus“ und tatsächlich nicht für Keksi gemacht (was was heißt, denn er ist ein alter Fresssack
), aber mich macht das wieder mal demütig vor dem, was uns die Hunde entgegenbringen.
Wirklich, wenn ich mir das durch den Kopf gehen lasse, käme ich mir umso erbärmlicher vor, wenn ich in diesem Leistungs-Belohnungs-Denken im Umgang mit meinen Hunden verbliebe.
Es ist viel, viel mehr, was sie in ihrem Umgang mit uns anbieten – aber von sich aus, nicht, weil wir es von ihnen erwarten.
Und jetzt geh ich Kekse backen, weil die sind allmählich aus
.
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